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LG München I: Jameda darf Basiskunden nicht für Werbung einsetzen

Die zu Hubert Burda Media gehörende Plattform Jameda musste vor Gericht eine weitere Niederlage hinnehmen. Nach dem Oberlandeslandesgericht Köln ist nun auch die 25. Zivilkammer des Landgerichts München I zu der Ansicht gelangt, dass die Plattform zur Ärzte-Bewertung die zulässige Rolle des "neutralen Informationsmittlers" verlässt und den zahlenden Ärzten auf unzulässige Weise einen "verdeckten Vorteil" gewährt (Urteil vom 6. Dez. 2019 - Az.: 25 O 13978/18, 25 O 13979/18 und 25 O 13980/18). Diese Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Im vorliegenden Fall hatten drei Ärzte das Portal Jameda auf Löschung des ohne ihr Einverständnis angelegten Profils verklagt. In der Presse-Info Nr. 17/2019 erläutert Pressesprecherin und Richterin am Landgericht Dr. Anne-Kristin Fricke: "Die Kammer beanstandete, dass Jameda auf den Profilen der Basis-Kunden sogenannte 'Experten-Ratgeber-Artikel' zahlender Konkurrenten unter Verlinkung des jeweiligen Profils veröffentlicht, während zumindest auf den Profilen von Platin-Kunden keine Artikel anderer Ärzte angezeigt werden. Diese Fachartikel seien inhaltlich geeignet, das Interesse eines potentiellen Patienten von den Basiskunden weg, hin zu den Verfassern der Fachartikel, die zahlenden Kunden von Jameda sind, zu lenken. Denn der Umstand, dass sie als 'Experten' einen Artikel veröffentlicht haben, erwecke den Anschein besonderer Kompetenz im Vergleich zu den Basiskunden. Die Kammer betonte im Ausgangspunkt, dass das von Jameda betriebene Ärzte-Bewertungsportal eine von der Rechtsordnung grundsätzlich gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt, solange Jameda seine Stellung als 'neutraler Informationsmittler' wahrt und seinen zahlenden Kunden keine 'verdeckten Vorteile' gegenüber den nicht zahlenden Basiskunden verschafft. Eine Gewährung 'verdeckter Vorteile' sei jedoch dann gegeben, wenn die ohne ihre Einwilligung aufgenommenen Basis-Kunden auf dem Portal als 'Werbe-Plattform' für Premiumkunden benutzt würden und letzteren durch die Darstellung ein Vorteil gewährt werde, der für die Nutzer nicht erkennbar sei. Dann diene das Portal nicht mehr allein dem Informationsaustausch zwischen (potentiellen) Patienten. In diesem Fall müssten Ärzte nicht hinnehmen, ohne ihre Einwilligung als Basis-Kunden aufgeführt zu werden.
Rechtlich hat die Kammer den Anspruch der Kläger auf Löschung des ohne Einwilligung eingerichteten Profils bzw. auf Unterlassung der konkreten Verletzungsformen jeweils auf §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB analog in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO gestützt. Sie hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Bewertungsplattform sich nicht auf das sog. Medienprivileg der Datenschutzgrundverordnung (Art. 85 Abs. 2 DSGVO) stützen kann, da Jameda keine Datenverarbeitung zu 'journalistischen Zwecken' vornehme. Andere Funktionen des Portals, wie etwa die Möglichkeit von Premium-Kunden, auf dem Profil in größerem Umfang die angebotenen ärztlichen Leistungen anzugeben als bei Basis-Kunden, hat die Kammer dagegen nicht beanstandet. Insoweit hat die Kammer die Klagen der drei Kläger abgewiesen.
Jameda hat inzwischen das Layout seiner Websites verändert und geht davon aus, dass das Problem nun nicht mehr bestehen würde."

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(ps) 06.12.2019



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