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Kohl-Protokolle: BGH verneint Entschädigungsanspruch der Witwe

Am Montag, dem 29. November 2021, hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Verfahren zwei Entscheidungen zum Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle" verkündet, das im Heyne-Verlag erschienen ist.
Der VI. Zivilsenat hat die Revision der Klägerin Dr. Maike Richter-Kohl zurückgewiesen, die Anspruch auf die Geldentschädigung (eine Million Euro) erhoben hatte, die ihrem verstorbenen Mann, dem ehemaligen Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl zugesprochen wurde (Urteil vom 29. 11. 2021 - Az.: VI ZR 258/18).
Die Entscheidung wird in der Presse-Info 218/2021 erläutert: "Die Annahme des Oberlandesgerichts Köln, der Geldentschädigungsanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei grundsätzlich nicht vererblich und deshalb jedenfalls mit dem Tod des vormaligen Klägers untergegangen, trifft zu. Die grundsätzliche Unvererblichkeit eines solchen Anspruchs entspricht der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Begründet wird sie mit der Funktion des Geldentschädigungsanspruchs, bei der der Genugtuungsgedanke im Vordergrund steht; einem Verstorbenen kann Genugtuung aber nicht mehr verschafft werden. Durchgreifende Gründe, diese Rechtsprechung aufzugeben, sah der VI. Zivilsenat nicht. Schließlich lagen im Streitfall auch keine besonderen Umstände vor, die (ausnahmsweise) zur Vererblichkeit geführt hätten. Insbesondere wird der Geldentschädigungsanspruch nicht dadurch vererblich, dass er dem Erblasser noch zu dessen Lebzeiten zugesprochen wird, wenn das entsprechende Urteil bei Eintritt des Todes - wie hier - noch nicht rechtskräftig ist."

Deutlich erfolgreicher war die Kohl-Witwe mit den Revisionen bezüglich der Unterlassungsansprüche. Aber auch die Gegenseite hatte mit ihren Revisionen teilweise Erfolg (Urteil vom 29. 11. 2021 - Az.: VI. 248/18).

Zur Entscheidung wird erläutert: "Die Revisionen beider Parteien hatten teilweise Erfolg. Der von der Klägerin geltend gemachte, deliktische Unterlassungsanspruch gegenüber der Drittbeklagten, mit der der vormalige Kläger anders als mit dem Erstbeklagten keine (konkludente) Verschwiegenheitsvereinbarung über den Tod hinaus getroffen hatte, beschränkt sich auf die Veröffentlichung und Verbreitung von im Buch vorhandenen Fehlzitaten. Nur insoweit verletzen Veröffentlichung und Verbreitung der angegriffenen Buchpassagen das von der Klägerin wahrgenommene postmortale Persönlichkeitsrecht ihres verstorbenen Ehemannes. Soweit keine Fehlzitate vorliegen, besteht keine Unterlassungspflicht der Drittbeklagten. Eine solche folgt - anders als das Oberlandesgericht meinte - insbesondere nicht daraus, dass der vormalige Kläger einer Veröffentlichung einiger Aussagen schon im Rahmen der Memoirengespräche ausdrücklich widersprochen hatte ("Sperrvermerkszitate"), noch daraus, dass die Wiedergabe wörtlicher Zitate eine unzulässige "bildnisgleiche" bzw. "intensive" Verdinglichung seiner Person darstellte. Soweit sich die Zitate auf der Grundlage der Feststellungen des Oberlandesgerichts abschließend als Fehlzitate einordnen lassen, hat der VI. Zivilsenat deshalb die Revision der Drittbeklagten zurückgewiesen, soweit sie sich abschließend als zutreffend beurteilen lassen, hat er das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Soweit sich auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht beurteilen lässt, ob das jeweilige Zitat richtig oder falsch ist, hat der Senat die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, damit die noch fehlenden Feststellungen dort getroffen werden können.

Die Revision der Klägerin hatte insoweit Erfolg, als das das Oberlandesgericht die Unterlassungsverpflichtung der Drittbeklagten auch hinsichtlich der (möglichen) Fehlzitate auf die wörtliche Wiedergabe der im Buch als wörtliche Zitate gekennzeichneten Aussagen beschränkt hatte. Denn das postmortale Persönlichkeitsrecht eines Verstorbenen verletzende Fehlzitate dürfen auch nicht sinngemäß veröffentlicht oder verbreitet werden."

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(ps) 29.11.2021



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