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BGH: „taz“ setzt sich im Streit mit der BILD-Zeitung durch

„Kalle, gib mal Zeitung“ heißt es in dem zweiteiligen „Trinkhallen“-Kinospot der „taz“, der sich über BILD-Zeitungsleser lustig macht. Grund genug für Springer den Spot aus dem Jahr 2005 per Einstweiliger Verfügung verbieten zu lassen. Auch das Hamburger Landgericht und die Berufungsinstanz sahen in dem Werbespot eine unlautere vergleichende und herabsetzende Werbung. Der Bundesgerichtshof hat nun in einem Urteil die Grenzen humorvoller Werbevergleiche präzisiert.

Für die Vorinstanzen überschritt die beklagte „taz“ mit ihrem Spot, auch wenn dieser durch Witz, Ironie und Sarkasmus geprägt sei, die Grenzen des wettbewerblich Zulässigen. Sie versuche, ihre Zeitung werblich herauszustellen, indem sie ein vernichtendes Bild von der trostlosen Sozialstruktur und den (fehlenden) intellektuellen Fähigkeiten eines typischen BILD-Zeitungslesers zeichne und damit die Leserschaft und die Zeitung der Klägerin ohne sachlichen Grund abqualifiziere, so das OLG Hamburg.

Doch die Karlsruher Richter sahen dies anders. Für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Werbevergleichs sei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen, der zunehmend an pointierte Aussagen in der Werbung gewöhnt sei. Eine humorvolle oder ironische Anspielung auf einen Mitbewerber oder dessen Produkte stelle daher erst dann eine unzulässige Herabsetzung dar, wenn sie den Mitbewerber dem Spott oder der Lächerlichkeit preisgebe oder von den Adressaten der Werbung wörtlich und damit ernst genommen und daher als Abwertung verstanden werde. Der Werbespot der „taz“ sei nach Auffassung des Bundesgerichtshofs demnach nicht als wettbewerbswidrig anzusehen. Er bringe lediglich zum Ausdruck, dass die „taz“ „nicht für jeden" sei, also nicht den Massengeschmack anspreche. Der durchschnittliche Zuschauer erkenne, dass es sich bei der Darstellung um eine humorvolle Überspitzung handele, mit der die Aufmerksamkeit der Werbeadressaten geweckt und nicht die BILD-Zeitung oder deren Leserschaft pauschal abgewertet werden solle.


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(al) 02.10.2009



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