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BGH: Übersetzer können Erfolgsbeteiligungen verlangen

Übersetzer literarischer Werke haben ab einer bestimmten Auflagenhöhe neben dem üblichen Seitenhonorar auch einen Anspruch auf angemessene Vergütung in Form einer prozentualen Beteiligung am Verkaufserlös. Dies entschied der Bundesgerichtshof am vergangenen Mittwoch und gab damit der Klage einer Übersetzerin statt. Die Klägerin hatte zwei Romane aus dem Englischen übersetzt und dem Verlag sämtliche Nutzungsrechte an ihrer Übersetzung eingeräumt. Dafür erhielt sie ein Seitenhonorar von rund 15 Euro.

Das Honorar ist nach Ansicht der Übersetzerin unangemessen. Sie verlangte daher eine Änderung ihres Vertrages. Landgericht und Oberlandesgericht München hatten der Klage teilweise stattgegeben. Der Bundesgerichtshof hob das Berufungsurteil nun auf und wies die Sache an das OLG München zurück.

Die Karlsruher Richter betonten, dass der Übersetzer eines literarischen Werkes, dem für die zeitlich unbeschränkte und inhaltlich umfassende Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte an seiner Übersetzung lediglich ein für sich genommen übliches und angemessenes Seitenhonorar als Garantiehonorar zugesagt werde, ab einer bestimmten Auflagenhöhe am Erlös der verkauften Bücher prozentual zu beteiligen sei. Diese zusätzliche Erfolgsbeteiligung – so der Bundesgerichthof - setze bei einer verkauften Auflage von 5.000 Exemplaren des übersetzten Werkes ein und beträgt normalerweise bei Hardcover-Ausgaben 0,8% und bei Taschenbüchern 0,4% des Nettoladenverkaufspreises. Darüber hinaus könne der Übersetzer grundsätzlich die Hälfte des Nettoerlöses beanspruchen, den der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt. Dabei sei unter Nettoerlös der Betrag zu verstehen, der nach Abzug der Vergütungen weiterer Rechteinhaber verbleibt und auf die Verwertung der Übersetzung entfällt.

Da das Berufungsgericht noch nicht geprüft habe, ob im konkreten Fall besondere Umstände vorliegen, die eine Abweichung von den im Regelfall angemessenen Sätzen rechtfertigen, wurde die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zeigte sich über das Urteil besorgt. In einer Mitteilung warnte der Verband vor den negativen Konsequenzen des Urteils im Hinblick auf die Verlässlichkeit von Verträgen mit Urhebern. Das neue Urhebervertragsrecht führe generell dazu, dass Absprachen mit Urhebern nicht mehr verlässlich und geschlossene Verträge nicht rechtssicher seien. Der durch die Vorgaben des Gesetzgebers eingetretene Verlust an Rechts- und Kalkulationssicherheit erschwere die bisher praktizierte Mischkalkulation und zwinge Medienunternehmen dazu, weniger Experimente zu wagen und sich stattdessen auf sichere Produkte zu konzentrieren. Unter dem Strich führe dies nicht zu einer angemessenen Vergütung von Urhebern, sondern dazu, dass weniger Kreative von ihren Leistungen leben könnten, so das Branchenorgan.

Börsenverein und Verlag wollen aber vor einer endgültigen Bewertung der Entscheidung die vollständige Urteilsbegründung des BGH und das abschließende Urteil des OLG München abwarten.


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(al) 08.10.2009



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