Dienstag, 07. Mai 2024

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EuGH verneint Urheberrecht für die Funktion von Computerprogrammen

Die Funktionalität und die Programmiersprache eines Computerprogramms sind nicht urheberrechtlich geschützt. Dies entschied jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf eine Anfrage des britischen High Court of Justice. Der Erwerber einer Programmlizenz sei daher grundsätzlich berechtigt, das Funktionieren des Programms zu beobachten, zu untersuchen oder zu testen, um die ihm zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln.

In dieser Auseinandersetzung ging es um das von der SAS Institute Inc. entwickelte SAS-System, mit dem es Nutzern ermöglicht wird, statistische Analysen durchzu führen. Zentraler Bestandteil ist die sogenannte „Base SAS". Mit ihr können u.a. Anwendungsprogramme geschrieben werden. Die World Programming Ltd (WPL) erwarb rechtmäßige Kopien der Lernausgabe des SAS-Systems, die mit einer Lizenz geliefert wurden, nach der die Rechte des Lizenznehmers auf nichtproduktive Zwecke beschränkt waren. WPL benutzte und untersuchte die Programme und erstellte das „World Programming System" als eigene Software. SAS Institute Inc. erhob daraufhin eine Klage auf Feststellung, dass WPL Handbücher und Komponenten des SAS-Systems vervielfältigt und damit die Urheberrechte von SAS und die Lizenzbestimmungen der Lernausgabe verletzt habe.

Der EuGH kam zu der Auffassung, dass weder die Funktionalität eines Computerprogramms noch die Programmiersprache oder das Dateiformat, die im Rahmen eines Computerprogramms verwendet werden, um bestimmte Funktionen des Programms zu nutzen, eine Ausdrucksform darstellen. Daher würden sie auch keinen urheberrechtlichen Schutz genießen. Ließe man nämlich zu, dass die Funktionalität eines Computerprogramms urheberrechtlich geschützt wird, würde man zum Schaden des technischen Fortschritts und der industriellen Entwicklung die Möglichkeit eröffnen, Ideen zu monopolisieren.

Nach der Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen sei der Erwerber einer Softwarelizenz berechtigt, das Funktionieren eines Computerprogramms zu beobachten, zu untersuchen oder zu testen, um die einem Programmelement zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln. Vertragliche Bestimmungen, die im Widerspruch zu diesem Recht stünden, seien unwirksam. Zudem sei die Ermittlung dieser Ideen und Grundsätze im Rahmen der von der Lizenz gestatteten Handlungen möglich.

Daher könne der Inhaber des Urheberrechts an einem Computerprogramm nicht unter Berufung auf den Lizenzvertrag verhindern, dass der Erwerber der Lizenz das Funktionieren dieses Programms beobachtet, untersucht oder testet, um die einem Programmelement zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln, wenn dieser von der Lizenz umfasste Handlungen sowie Handlungen zum Laden und Ablaufen vornehme, die für die Benutzung des Programms erforderlich seien, und er die Ausschließlichkeitsrechte des Inhabers des Urheberrechts an diesem Programm nicht verletzt.

Es läge kein Verstoß gegen das Urheberrecht vor, wenn wie im vorliegenden Fall der rechtmäßige Erwerber der Lizenz keinen Zugang zum Quellcode des Computerprogramms hatte, sondern sich darauf beschränkt habe, dieses Programm zu untersuchen, um seine Funktionalität in einem zweiten Programm zu vervielfältigen.

Die in einem Computerprogramm oder in einem Benutzerhandbuch für dieses Programm erfolgte Vervielfältigung bestimmter Elemente, die in dem urheberrechtlich geschützen Benutzerhandbuch eines anderen Programms beschrieben werden, könnten eine Verletzung des Urheberrechts darstellen, sofern diese Vervielfältigung die eigenen geistige Schöpfung des Urhebers des Benutzerhandbuchs zum Ausdruck bringe. Hierzu erläuterte der EuGH, dass im vorliegenden Fall die Schlüsselwörter, die Syntax, die Befehle und die Kombination von Befehlen, die Optionen, die Voreinstellungen und die Wiederholungen aus Wörtern, Zahlen oder mathematischen Konzepten bestünden, die einzeln betrachtet keine geistige Schöpfung des Programm-Urhebers seien. Erst mit Hilfe der Auswahl, der Anordnung und der Kombination dieser Wörter, Zahlen oder mathematischen Konzepte bringe der Urheber seinen schöpferischen Geist in origineller Weise zum Ausdruck.

Es sei nun Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren behauptete Vervielfältigung die eigene geistige Schöpfung des Urhebers des Benutzerhandbuchs zum Ausdruck bringe, die urhe


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(al) 04.05.2012



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